Zu Beginn des Jahres 1912 erfolgte ein deutschlandweiter Aufruf zur National-Flugspende, um alle Gebiete der Luftfahrt, nämlich Flugwesen, Ballon- und Luftschifffahrt zu unterstützen. Als in der Turnhalle des Domgymnasiums eine Schauvorführung von Modellflugzeugen ver-anstaltet worden war, begannen Schüler statt eines Drachens Modellflugzeuge zu bauen (Ex-kurs: Ein Modellflugzeug ist die Nachbildung eines Flugzeuges, ein Flugmodell ist ein flugfähi-ges Kleinstflugzeug).

Der erste Verdener Flugtag fand im Frühjahr 1912 statt. Für den Grade-Eindecker, der auf dem Landweg (!) schon zwei Tage vor dem Ereignis in Verden eintraf, war auf der Maulohe ein großes Zelt errichtet worden. Die Besucher erschienen zahlreich: Sowohl Erwachsene als auch viele Schulen nutzten die Gelegenheit, eine „Flugmaschine“ zu besichtigen und eine Flugvorführung des Piloten Gustav Tweer aus Osnabrück zu erleben. Doch Stunde um Stun-de verging – der Pilot startete nicht. Erst gegen 20 Uhr konnte er starten, weil sich inzwischen der Wind gelegt hatte. Man erzählte sich, seine ängstliche Braut habe ihn eindringlich gebeten: „Gustav, steig nicht auf, es ist zu windig!“ – Der „Riesenvogel“ entschwebte über die Aller nach Klein Hutbergen, zog eine Schleife und kam nach 16 Minuten aus Richtung Wahneber-gen über die Stadt Verden zurück. Auf seinem Flug erreichte Tweer die für damalige Zeit er-staunliche Höhe von 400 Metern.

Das nächste Ereignis am Verdener Himmel war eine Schleifenfahrt des Luftschiffes „Hansa“, die durch eine Aktion des Verdener Anzeigeblattes zustande gekommen war. Die Verleger Friedrich und Heinrich Söhl hatten zur Zeichnung von Spenden aufgerufen, um den Verdenern den Anblick eines „majestätischen Luftkreuzers“ zu ermöglichen. Die Luftschifffahrts-Gesellschaft hatte den Betrag von 500 Mark gefordert. Da in kürzester Zeit diese Summe eingezahlt worden war, konnte am 22. September 1912 die „Hansa“ von einer unübersehbaren Menschenmenge jubelnd begrüßt werden.